Wie Sinalco und Bilz-Brause gegen Coca-Cola um Deutschlands Limonadenkrone kämpften

Wie Sinalco und Bilz-Brause gegen Coca-Cola um Deutschlands Limonadenkrone kämpften

Deutschlands Limonadengeschichte ist voller kurioser Wendungen und harter Konkurrenz. Von Kriegsersatzgetränken bis zur Bio-Renaissance spiegeln diese Erfrischungen sowohl Innovation als auch Überlebenskampf wider. Manche Marken blühten auf, andere gingen im Schatten von Riesen wie Coca-Cola unter.

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Franz Hartmann, ein junger Unternehmer aus Ostwestfalen, ein sprudelndes Getränk als Gegenmittel zu den schädlichen Folgen billigen Schnapses. Die Dampfdestillation hatte die Städte mit starkem, günstigem Alkohol geflutet – mit Gewalt und zerbrochenen Familien als Folge. Hartmanns Lösung bestand aus Orangenschalen und Zitronenaromen, und 1905 taufte er das Getränk in Sinalco um – eine Abkürzung für sine alcohol (ohne Alkohol). Der Durstlöscher wurde schnell zum weltweiten Erfolg.

Zur gleichen Zeit verlieh Eduard Bilz, ein Verfechter der Naturheilkunde, der Bilz-Brause seinen Namen – im Gegenzug für eine Gewinnbeteiligung. Die Marke verschwand später, erlebte aber 2015 ein Comeback als Bilz-Seele BioLimo, eine Bio-Limonade, die mit nostalgischem Augenzwinkern an urbane Hipster vermarktet wird. Sinalcos Geschichte nahm im Zweiten Weltkrieg eine düstere Wende: Die Marke wurde vor dem Krieg "arisiert" und danach "entnazifiziert", doch gegen Coca-Colas überlegene Logistik und Marketingstrategien hatte sie kaum eine Chance. Als Coca-Cola nach Europa kam, erfand der deutsche Direktor aus Mangel an Sirup sogar Fanta – aus Reststoffen wie Molke und Zuckerrübenschnitzeln. Sinalco hingegen wechselte mehrfach den Besitzer: In den 1980er-Jahren übernahm Sigrid Unterberg die Marke, doch 1987 stellte eine Schweizer Brauerei die Produktion ein. Erst 2006 erweckte RheinfelsQuellen Hövelmann die Traditionsmarke wieder zum Leben – mit über zwanzig Sorten, die heute weltweit vertrieben werden. Besonders in Regionen, in denen Coca-Cola weniger Einfluss hat, ist Sinalco nach wie vor erfolgreich. Selbst die düstere Vergangenheit wurde zur Unterhaltung: 2015 brachte das Staatstheater Detmold mit Glück ist eine Orange ein Musical auf die Bühne, das sich mit Sinalcos NS-Zeit auseinandersetzt.

Von Hartmanns Zitrusheilmittel bis zu modernen Bio-Limonaden hat die deutsche Erfrischungsgetränkebranche immer wieder Neuerfindung und Widerstandskraft bewiesen. Manche Marken wie Sinalco überstanden Besitzerwechsel und globale Konkurrenz, andere wie Bilz-Brause kehrten in neuer Form zurück, um frische Zielgruppen zu begeistern. Das Erbe dieser Getränke – ob als Kriegsersatz oder Hipster-Liebling – bleibt eng mit kulturellen Umbrüchen und wirtschaftlichen Machtkämpfen verbunden.