70 Jahre Recruiting-Vereinbarung mit Italien: Heimweh in der neuen Heimat

70 Jahre Recruiting-Vereinbarung mit Italien: Heimweh in der neuen Heimat
70 Jahre Anwerbeabkommen mit Italien: Heimweh in der neuen Heimat
Vor 70 Jahren unterzeichnete Deutschland das Anwerbeabkommen mit Italien – und die ersten damals sogenannten „Gastarbeiter“ trafen ein.
Vor siebenzig Jahren schloss Deutschland sein erstes Arbeitskräfteanwerbeabkommen mit Italien. Damit begann das Nachkriegsprogramm für Gastarbeiter, das Millionen ausländische Arbeitskräfte ins Land brachte. Für viele Italiener gestalteten sich die ersten Jahre weit schwieriger als erwartet.
Das Abkommen mit Italien von 1954 läutete eine Migrationswelle ein. Zwischen 1955 und 1973 kamen rund 14 Millionen ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland. Die Italiener waren die Ersten – in der Hoffnung, schnell Geld zu verdienen und bald in die Heimat zurückzukehren.
Wohnungsmangel zwang viele in beengte Baracken oder Gemeinschaftsunterkünfte. Santo Gennaro, einer der frühen Ankömmlinge, gab später zu, dass der Alltag härter war, als er es sich vorgestellt hatte. Die meisten Arbeiter konzentrierten sich darauf, ihren Lohn an die Familien daheim zu schicken – an ein langes Bleiben dachte kaum jemand.
Integration stand zunächst nicht im Fokus. Um Einsamkeit und Sprachbarrieren zu lindern, sendete Radio Colonia italienische Programme. Lorenzo Annese, der 1958 nach Deutschland kam, wurde selbst aktiv: Anfang der 1960er Jahre organisierte er in Wolfsburg die Internationale Weihnachtsfeier, ein Fest für isolierte italienische Arbeiter. 1965 wurde er als erster ausländischer Betriebsrat bei Volkswagen gewählt und setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen ein. Später führte Francescantonio Garippo diese Tradition ab 1994 fort.
Über die Jahrzehnte hinterließ die italienische Kultur bleibende Spuren. Italienisches Essen, Stadtviertel und Bräuche wurden Teil des deutschen Alltags. 2024 lebten rund 650.000 Menschen mit italienischen Wurzeln in Deutschland.
Das Abkommen von 1954 veränderte die deutsche Arbeitswelt und Gesellschaft nachhaltig. Die italienischen Arbeiter durchstanden frühe Entbehrungen, bauten aber Gemeinschaften auf, die bis heute bestehen. Ihr Erbe lebt weiter – in der Küche, der Kultur und im Leben Hunderttausender mit italienischer Herkunft.

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